Der Philosoph Justin E. H. Smith sagt in seinem Buch “Irrationality”, dass die auch gerade jetzt weit verbreitete Irrationalität in der öffentlichen Diskussion eine Reaktion auf das in Wissenschaft und Öffentlichkeit rationale Denken ist, welches seit ein paar Jahrzehnten vorherrschend ist. Herrscht ein Denkstil vor, so bringt er automatisch vermehrt den Antipol hervor so Smith.
Das Gehirn unterscheidet nicht zwischen rational und irrational. Während der Aufklärung entstanden sehr schnell Strömungen der Gegenaufklärung, Befürworter für Emotionen, Mystik oder Intuition. Das Gehirn denkt effizient, länger dauernde rationale Denkprozesse sind nicht immer hilfreich, sie kosten viel Energie. Komplexe Systeme haben sehr viele Variablen und können schnell zu Denkfehlern führen. Die Erstreaktion des Gehirns ist also häufig:
- lieber glauben als zweifeln
- Häufigkeiten können nur schwierig eingeordnet werden
- Probleme mit Annahme von Zufällen
- Tribalismus: zustimmen um zu gefallen
- illusory thruth effect: Wir halten Dinge für wahr, weil wir sie schonmal gehört oder gelesen haben
Warum ist es aber doch wichtig diesen Erstreaktionen entgegen zu treten, sich Zeit zu nehmen und der Komplexität näher kommen? Alle Gedanken beziehen sich auf die Wirklichkeit, egal ob rational oder irrational. Eine rationale Herangehensweise ist jedoch das Mittel, um der Realität näher zu kommen. Sie beschreibt die Summe an Realitäten stets näher als die kriseninduzierte Wahrnehmung Einzelner. Kommt es zu Krisen, wird einigen Menschen durch den Bruch mit dem Vertrauten die Selbstachtung genommen und werden so Einfallstor für Irrationales. Beobachtungen wie wir sie sicher alle schon auf die ein oder andere Weise gemacht haben.
Was also will ich sagen? Kann ein erklären dieser Mechanismen verhindern, dass wir Irrationalität anheim fallen? Müssen wir diesen Teil unserer neurologisch bedingten Funktionalität mehr akzeptieren und werden dadurch offener gegenüber differenten Peergroups? Am Ende ist es wie immer die grundlegende Kommunikation die eine ernsthafte Auseinandersetzung erst möglich macht. Es geht mir um die Menschen, die man noch abholen kann, nicht die die über die Ränder gefallen sind, da ist nichts mehr zu holen. Sich gegenseitig dort abzuholen wo man steht, ist und bleibt eine der wichtigsten Eigenschaften der demokratischen Grundordnung.