Ich bin in Büchereien gegangen, so lange ich mich erinnern kann. Es gab gefühlt endlos Nachschub, meine Lieblingsbücher, Comics, Kassetten. Sehr gut erinnere ich mich an die Stadtteil-Bücherei in Kiel Dietrichsdorf, damals an einer für mich sehr steilen Straße gelegen, jedenfalls für norddeutsche Verhältnisse. Wenn ich bei Oma war, konnte ich sie mit dem Fahrrad gut erreichen. Stöbern, anfassen, riechen, wunderbar. Erinnerungen.
Und das war nur der Anfang. Verschiedene Büchereien waren immer wieder Anlaufpunkt bis, ja bis das Internet kam und andere Medien in den Vordergrund gerieten. Für eine lange Zeit. Aber jetzt, im Best-Ager-Alter kann man ja durchaus nochmal entsinnen und bemerken dass es die Büchereien immer noch gibt. Also habe ich gesehen, dass man ja mittlerweile auch digitale Medien ausleihen kann. Was liegt also näher als diesen Dienst mal wieder auszuprobieren.
Solche Angebote liegen mir am Herzen, sie sind Teil unserer Kultur. Je mehr eine Gesellschaft von solchen Angeboten bietet, desto weiter ist sie entwickelt. Ich denke, man kann anhand der Investitionen eines Staates in Kultur, Bildung und Förderung von Subkultur sehen, wie es um die Entwicklung von Demokratie-Lebenden Menschen in einer Gesellschaft bestellt ist. Das Ziel muss sein im diversen jedem eine Möglichkeit zu geben sich ausdrücken zu können. Positiv fallen mir da häufig die skandinavischen Länder auf, eine zugegeben subjektive Wahrnehmung, ich entdecke jedes Mal gut finanzierte, hochwertige Angebote wenn ich dort zu Besuch bin. Besonders die vielen Museen sind stets hochwertig ausgestattet, lebendig und divers, immer darauf bedacht, den Kitt der Gesellschaft zu erhalten und zu erneuern.
Bei uns gibt es sicher Licht und Schatten. Ich betrat die Stadtbücherei in Kiel. Nüchtern norddeutsch wollte man sagen. In meiner Erinnerung waren diese Einrichtungen warme Orte, dieser hier war kalt, funktional wenn man es positiv sehen möchte. Warm war das Personal, meine Fragen wurden in aller Freundlichkeit beantwortet, ich fühlte mich willkommen. Nur der der Ort mit dem Charme eines Großraumbüros lud nicht zum verweilen ein. Dabei sollte eine Bücherei doch so ein Ort sein, ein Aufenthaltsort, zur Auseinandersetzung mit dem geschriebenen Wort, einer unverzichtbaren Kulturtechnik. Hier waren in einem großen Saal ausschließlich Regale, ein paar Tische und Stühle auch zum hinsetzen, aber alles Amts-kalt.
Mein Gefühl ist, hier werde ich selten bis nie sein. Meine jetzt wenigen Erfahrungen mit der “Onleihe” sind eher positiv, gerade das Angebot der Tageszeitungen nutze ich gerne. Da sind die 22€ für ein Jahr Mitgliedschaft schnell raus. Die App ist gepflegt, einige Bücher und Zeitschriften die ich lesen möchte auch vorhanden. Ein Buch ließ sich weder mit der App noch mit einem Reader öffnen, hoffe das ist die Ausnahme. Mal schauen, ob ich nach einem Jahr nochmal die Mitgliedschaft eingehe, ich würde es mir von Herzen wünschen.
Den Online-Katalog der Stadtbücherei findet man hier.
Ich stimme dir zu – Bibliotheken und Büchereien können so viel sein, so bedeutsam und wichtig. Umso trauriger finde ich, wenn Büchereien das nicht schaffen. Nicht weil sie es nicht wollen, sondern weil das System nicht dazu einlädt oder zulässt. Eine ähnliche Erfahrung bzgl. der physischen Bücherei wie du sie in der Kieler Bücherei hattest, hatte ich in der Mainzer Bücherei.
Als du die skandinavischen Länder erwähnt hast, habe ich ebenso genickt. Ich habe keine Handvoll gesehen und es mag daher nur ein Ausnahmefall sein. Aber eine Stadtteilbücherei in Kopenhagen hatte Bücher schön präsentiert, das Licht war warm, der Innenraum schön gestaltet – sowas wünsche ich mir auch.
Es ist eine Frage von Prioritäten. Bin überzeugt davon, dass wir uns mehr Kultur in allen Formen leisten können. Aber wir tun es nicht, sind zurückhaltend. Wir rücken das Leben der Menschen nur selten in den Mittelgrund. Dafür gibt es so viele Beispiele: Stadtentwicklung, Schulfinanzierung, etc. etc. Gerade jetzt bräuchten wir mehr Gesellschaftskleber. Eine schöne Bücherei ist nur eine von vielen Möglichkeiten.